Portfolio
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Ich beschäftige mich mit Fragestellungen zu Struktur, Oberfläche und Form, die ich hauptsächlich mit Keramik und keramischer Glasur umsetzte. Dabei interessiert mich nicht nur die formale Ästhetik, sondern auch die naturwissenschaftliche Entstehung von Form und Struktur in dynamischen Systemen, wie sie bei Wachstumsprozessen, der Thermodynamik oder chemischen Verbindungen sichtbar wird. Die grundlegenden Ordnungs- und Gestaltungsprinzipien, deren formale Funktionalität sowie die verschiedenen Ausdrücke, die eine Form einnehmen kann, versuche ich für meine Konzepte nutzbar zu machen, sie zu untersuchen und verstehen.
Bachelor-Arbeit
In meiner Bachelor-Thesis beschäftige ich mich mit dem Phänomen der Strukturentstehung. Die Theoriearbeit nimmt verschiedene Prozesse der Strukturbildung in den Blick und untersucht, wie unsere Wahrnehmung auf diese reagiert. Auf das Thema der Strukturen wurde ich aufmerksam durch die Beobachtung meiner Umgebung: Überall sehe ich verzierende Strukturen und Muster, mit denen die Menschen sich gerne umgeben. In meiner theoretischen Arbeit untersuchte ich die Gründe für die Faszination an Mustern. Besonders natürliche Strukturen werden als schön empfunden aufgrund ihrer Komplexität. In unseren Kulturen werden jedoch meist stark vereinfachte Muster verwendet, wie zum Beispiel Ornamente, oder die in der Natur vorhandenen Strukturen werden künstlich nachgeahmt. Deshalb überlegte ich, wie ich durch die Arbeit mit natürlichen gestaltgebenden Prozessen zu ästhetischen Ergebnissen kommen kann, die nicht nur abbildend oder vereinfacht sind. Zwar gebe ich die Parameter der Strukturbildung vor durch ein Rezept, aber der Prozess selbst entzieht sich weitestgehend einer möglichen Einflussnahme. Ich bewege mich damit auf einem schmalen Grat zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen. Dieser Bereich kann aber auch als Übergang gesehen werden und beschreibt eine Zusammenarbeit mit den Möglichkeiten, die die Natur bietet.
Als Material und Ausdrucksmittel nutze ich hauptsächlich glasierte Keramik. Die von mir selbst entworfenen und verwendeten Glasuren zeigen Strukturen bzw. Muster, die durch Selbstorganisation entstehen. Durch die Rezeptur der Mischung ist zwar die Art der Struktur wiederholbar, die genaue Zeichnung des Musters weicht aber in jeder Probe leicht ab. Jeder winzige Unterschied während des Brandes im Hinblick auf die genaue Temperatur im Ofen, die Stärke der aufgetragenen Glasur und die thermodynamischen Prozesse verändern die Glasur. Auch das Verhalten der Moleküle im selbstorganisierenden Vorgang ist nicht beeinflussbar. Somit bleibt immer ein Teil des Aussehens der Muster dem Zufall überlassen. Ich betrete hier den Bereich der Autokreativen Kunst, wobei ich im Hinblick auf die Glasuren, der Selbstorganisation während des Brandes einen Spielraum lasse. Durch das Rezept werden allerdings die Parameter vorgegeben, denn die Mischung der Rohstoffe entscheidet darüber, ob sich überhaupt eine erkennbare Struktur bildet und welches grundlegende Schema die Struktur aufweist. So entstehen Muster mit Flecken, Schlieren oder kleinen Wirbeln, Wellen, Wolken und zell-artige Formen, oder solche die an Blüten erinnern. Wie an dieser Aufzählung der Muster bereits deutlich wird, sind die Erscheinungen der abstrakten Strukturen nur durch Analogien verständlich beschreibbar. Hieraus wird deutlich, dass Strukturen in verschiedensten Kontexten dennoch Ähnlichkeiten im Aussehen aufweisen, unter anderem durch Gemeinsamkeiten des Verhaltens des Materials und der äußeren Einflüsse während der Strukturbildung. Durch die Vergleichbarkeit werden in der Wahrnehmung Assoziationen im Gedächtnis des Betrachters abgerufen bzw gebildet. Bei einem einfachen Muster sind diese Assoziationen meist sehr eindeutig, z.B. dass Wellenstrukturen an Wasser erinnern. Bei anderen ist es schwieriger ein passendes Bild zu finden, wodurch die Phantasie angeregt wird. Die Assoziation ist der Versuch der Wahrnehmung die Struktur zu erklären, denn der Mensch sucht stets nach einer Begründung für das Gesehene. Man möchte wissen, wie die Struktur entsteht und warum, und sucht darüber nach einer Erkenntnis über die dahinter stehenden Prozesse und einem tieferen Sinn. Diese Art der Wahrnehmung ist als Grundlage wichtig für das Lernen und die Orientierung in der Umwelt und bildet die Grundlage für die ästhetische Wahrnehmung. Die Ästhetik der Strukturen reizt uns und bildet die Neugierde zum Betrachten des Gesehenen. Eine Struktur macht immer auf einen erzeugenden Prozess innerhalb eines Systems aufmerksam, und ihre Theorie kann auf nicht-optische Strukturen übertragen werden, was vielfältige Interpretationsmöglichkeiten bietet. Die Entwicklung der Proben der Glasur-Reihen als experimentelle Schritte weißt einen evolutionären Charakter auf, der durch die verschiedenen Variationen zu einer breiten Vielfalt an Strukturen führt.
Die Präsentation besteht aus verschiedenen Arbeiten, denen das Thema der Strukturbildung zu Grunde liegt. „Hexagone“ ist die Hauptarbeit der Thesis.
Hexagone
2019, Installation/Mosaik aus sechseckigen Keramikplättchen 3,5x4 cm mit schwarzer Grundglasur und Effektglasuren
Die Form des Sechsecks kennen wir aus der Natur von den Bienenwaben und sie gibt bereits eine Anordnung vor: Sie lässt auf der Fläche eine lückenlose Parkettierung zu und befüllt dabei den grßt-möglichen Innenraum bei kleinst-möglichem Umfang. Meine Anordnung ist jedoch nicht lückenlos. Der Aufbau ist asymmetrisch gestaltet und frei komponiert, wobei die Streuung und Dichte der einzelnen Plättchen eine wichtige Rolle einnimmt. Dennoch zeigt sich eine Grundordnung durch die geometrische Form der Plättchen. Diese bestimmt auch die Leerstellen, denn die Umrisse bilden auch im Leeren das Sechseck ab. Das Zusammengesetzte ist damit trotz des freien Aufbaus niemals chaotisch, es verweist auf eine Ordnung durch die Form der Teile. Die Gemeinsamkeit des Einzelnen bildet hier die Struktur. Die Vielfalt entsteht durch die verschiedenen verwendeten Glasuren, die auf die Mosaikplättchen verteilt sind. Sie alle sind dunkel glasiert und einige zeigen durch die darüber liegende Effektglasur hellere Muster.
Kreise
2019, Installation/Mosaik aus runden Keramikplättchen ca 3 und 4,5 cm mit Effektglasuren
Das Mosaik „Kreise“ besteht aus verschieden großen, runden Plättchen. Die Legung erfolgt hier als ein gleichmäßiges Wachsen von Innen nach Außen, das zur Rundform des Gesamtbildes führt. Die Anordnung ist nicht lückenlos aber dennoch Regelmäßig und spiegelt die Form der Plättchen wieder. Die verwendeten Glasuren zeigen schematisch sehr ähnliche Muster in unterschiedlichen Ausführungen, die die innerstrukturellen Formen, Linien und Farbnuancen betreffen. Die Farben reichen dabei von Rot im inneren Bereich, über Braun bis zu kräftigem Grün am Rand und zeigen im Mosaik einen zarten Verlauf. Die Glasuren sind deckend und sowohl oxidierend, als auch reduzierend gebrannt. Die Muster zeigen Flecken und Zellen, die einzeln gestreut oder nebeneinander liegend auftreten und sich von der Umgebung optisch unterscheiden durch die Farbe und die Textur.
Kepler
2019, Plastik, Steinzeug und Stahl, ca. 70x60x60 cm
Der Mathematiker Johannes Kepler entwarf 1596 eine Zeichnung für ein Planetenmodell auf Grundlage der Platonischen Körper. Jedoch wurde das Modell nie gebaut und Kepler entdeckte später selbst, dass seine Annahmen über die Berechnungsgrundlagen nicht korrekt sein konnten, da die Planetenlaufbahnen elliptisch sind. Trotz dieses Fehlers zeigt seine Zeichnung des Planetenmodells eine eigenständige Ästhetik. Ich habe die Zeichnung als Skulptur nachgebaut.
An dieser Arbeit zeigt sich einerseits der Wille zur Erklärung von Phänomenen und andererseits das Problem der Vereinfachung durch Geometrie, das zu Fehlschlüssen führen kann. Ein natürlich formaler Aspekt eines Phänomens ist in der Regel wesentlich komplexer, als dass man ihn mit einfacher Mathematik versteht. Der äußere Bereich der Plastik, bestehend aus einem Untergestell und einer großen Schale. Diese wurde mit grober Steinzeugmasse Schicht für Schicht aufgebaut, wie auch die kleineren Innenschalen. Nach dem Brand stellte ich die geometrischen Körper aus Stahl her. Das Innere ist ausgespart, damit die Körper nicht geschlossen sind. Die geometrischen Körper und die Schalen habe ich zuletzt ineinander gestellt, wie bei Keplers Zeichnung.
Glasurportraits: Bilder aus dem Labor
2019, Glasuren-Portraits: Fotografien mit Nahlinse, Ausdruck in DinA4 und glasierte Keramikplatten, Größen variieren: Kantenlängen 15-40 cm, mit Effektglasuren bemalt, fotografiert
Um meine selbstentworfenen Glasuren genauer betrachten zu können, begann ich einige Probestücke mit 10-facher Vergrößerung zu fotografieren.
Dadurch wird das Muster der Glasur aus seinem Kontext befreit und lässt sich noch freier assoziieren. Die Fotografien geben uns einen Einblick in Feinheiten der Strukturen, die mit dem Auge selbst kaum wahrnehmbar sind. Das Medium dient neben der Sichtbarmachung auch als wissenschaftliche Dokumentation der Besonderheit der Struktur, und hat dabei einen eigenen Ausdruck, durch die Auswahl des Ausschnitts.
Farbspiel auf Zylindern
2019, gegossenes und verschieden gefärbtes Steingut mit transparenter Glasur, ca. 10x10x 20-25 cm
Die zylinderförmigen Becher zeigen feine Schlieren. Diese entstanden durch den gleichzeitigen Guss mit unterschiedlich eingefärbten Gussmassen in die Gipsform. Auch hier ist der genaue Verlauf der flüssigen Masse, und damit das sich ergebende Muster nicht vorher bestimmbar. Die nach dem Brand darübergelegte Glasur ist klar und verstärkt die Farbigkeit des Tons. Auch hier regelt Selbstorganisation die Struktur durch den Verlauf der Flüssigkeiten ineinander.
Netz der Würmchen
2018, Steinzeug, Aufbau ca. 1x5,80x50 cm
Der Aufbau besteht aus vielen einzelnen Schnüren aus gebranntem Ton. Sie sind fragil und zerbrechlich. Durch die Anordnung, welche sie miteinander in Verbindung treten lässt, werden sie zu einem Netz, dass das Gewicht der Anderen hält
Tropfen
2018, versch. Größen, ca. 8-30 cm Steinzeug, glasiert
Teil des Klassenprojektes „Wasser“.
Die Glasuren im Inneren der Schalen zeigen aufgrund Ihrer Schmelzung verschiedene Zustände und optische Erscheinungen von Flüssigkeiten auf und erinnern so an Strukturen, die wir von Wasser in der Natur kennen. So machen kleine Partikel, die in der Glasur „schwimmen“ die Bewegungen der Flüssigkeit direkt sichtbar, oder es bilden sich Kristalle durch chemischen Reaktionen, die an Eiskristalle erinnern. Die Reaktionen und Dynamiken, welche während des Brandes ablaufen, werden in der Glasur sichtbar festgehalten, als Momentaufnahme. Die Schalen und Teller halten die flüssige Glasur und betten sie ein, wie ein eingefrorener See.